7. Oktober 2016

Ein Apotheker, ein Barinhaber und der Sazerac



Der Cocktail feierte in diesem Jahr seinen 210. Geburtstag - ganz schön alt, was in dieser Zeit so alles passieren kann - das Auto und das Fahrrad wurden erfunden, das Fernsehen und Internet, die Eisenbahn startete ihren Siegeszug um die Welt, ebenso wie das Licht, der erste Mensch flog zum Mond, Kriege wurden gewonnen oder verloren, das erste Oktoberfest wurde veranstaltet, Flugzeuge gebaut, die zum ersten Mal über den Atlantik flogen,  Kühlschrank, Schreibmaschine und Kaugummi erfunden, der erste Brief mit einer Briefmarke verschickt, Machthaber, große Persönlichkeiten, Stars und Sternchen, fantastische Schauspieler, hochbegabte Musiker und unterhaltsame Entertainer kamen und gingen, ebenso wie Modetrends und Architekurstile und Cocktails wurden kreiert und verschwanden wieder in der Versenkung.






Vor einigen Wochen besuchte ich die Bar des Cortina Hotels in München - übrigens wunderbar loungig und die Cocktails dort sind sehr zu empfehlen. Auf der Cocktailkarte gab es eine Rubrik „Forgotten Classics“. Natürlich bestellte ich mir einen Drink aus dieser Rubrik und zwar den Sazerac. Über diesen bin ich zwar schon desöfternen in irgendwelchen Cocktaillisten oder -aufzählungen gestolpert, hatte ihn aber weder probiert noch wußte ich viel über ihn. Kein Wunder, ist er doch auf wenigen Barkarten dieser Welt zu finden - verschwunden in der Versenkung eben. Trotzdem ist er lecker - herb, bitter, trocken mit einem Hauch Säuerlichkeit.




Seine Geschichte begann im Jahr 1850, als Aaron Bird eine Bar übernahm und "Sazerac House“ benannte. Dort servierte er den Sazerac Cocktail. Wichtiger Bestandteil des Sazerac war der Sazerac Cognac, den der frühere Besitzer der Bar nun vertrieb. Eine weitere wichtige Zutat stellten die Bitters dar, die Antoine Amedie Peychaud in seiner Apotheke in der Nachbarschaft der Bar herstellte und an Bird verkaufte.








Erst 1908 erschien das Rezept des Cocktails erstmalig in einem Barbuch von William T. "Cocktail Bill“ Boothby "The World's Drinks and How to Mix Them“ - allerdings nicht mit den Bittern von Peychaud, sondern der Firma Selner. Absinth wurde in den USA im Jahr 1912 verboten (freut Euch auf einen Exkurs über Absinth in den kommenden Wochen), es wurde durch andere anishaltige Getränke ersetzt. In den Kriegsjahren wurde statt Cognac meist Whiskey verwendet, da die französischen Weinanbaugegenden meist besetzt waren und so wenig Cognac hergestellt wurde.





Durch die Einfachheit der Zusammenstellung seiner Zutaten, wird er von vielen Cocktailians als sehr unspektakulärer Drink angesehen, ohne die Komplexität, die viele andere klassische Cocktails mit sich bringen. Ich fand jedoch die Zugabe des Absinths sowie den Bitters in genau der richtigen Konzentration interessant und würzig. Allerdings muss auch ich zugeben, dass ich die runde Vielschichtigkeit der meisten guten Cocktails vermisste.

Cheers.

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