30. März 2018

Pinke Schnürsenkel, Dijon und die Münchner Schickeria - der Kir Royal





Strammer Max, Toast Hawaii, Grüne Witwe, Miami Vice und die Schwarzwaldklinik, Russische Eier, Brausestäbchen, Ballonröcke, Vokuhila, Dauerwelle, Apfelkorn, Puffärmel, Walkmans und Tennissocken, pinke Schnürsenkel und grüne Stirnbänder, Neue Deutsche Welle, Batida de Coco mit Kirschsaft und der Denver Clan, Raider, Pac Man, die deutsche Wirtschaft im Aufschwung, die Schulterpolster werden größer und größer, Jane Fondas Aerobic, Dirty Dancing und ET, Michael Jackson, Madonna und Whitney Houston, selbst aufgenommene Musikkassetten, Rollschuhe und Fönfrisur, ABBA, Falco und Nena, Leggings und Stulpen, BMX Fahrräder und Rubiks Würfel, Käseigel und Ernussflips …. das alles und noch viel mehr waren die 80er Jahre. 

Die Münchner Schickeria feierte laut Spider Murphy Gang in Schwabinger Kneipen, tranken Champus und Kir Royal. In dieser Münchner Schickeria spielt auch die Fernsehserie Kir Royal benannt nach diesem 80er Jahre In - Getränk. 







Seine Geschichte geht jedoch viel weiter zurück als die 80er Jahre. Da gab es den Herrn Felix Kir, in den 40er, 50er und 60er Jahren Bürgermeister von Dijon. Die Côte d’Or rund um Dijon gehört bis heute zum wichtigsten Anbaugebiet der Schwarzen Johannisbeere, der Grundlage für den Crème de Cassis. Im Rathaus von Dijon wurde in der Amtszeit von Felix Kir zu Empfängen traditionell Blanc - Cassis ausgeschenkt - Weißwein und Crème de Cassis - später wurde dieser dann nach Kir benannt. Vor dem Zweiten Weltkrieg soll der Kir übrigens mit Rotwein gemixt worden sein. Doch da die Deutschen Armeen das Burgund besetzt hatten (wie kann man nur????) und der Rotweinbestand gering war, wurde Weißwein verwendet. Ebenso wird gemunkelt, der Weißwein war nach den langen Kriegsjahren von eher minderwertiger Qualität und man wollte mit der Crème de Cassis den Geschmack übertönen. 



Ein Kir Royal stellt das Getränk mit Champagner statt Weißwein dar. Andere Variationen gibt es in einer Vielzahl, so wird man in Frankreich bei Bestellung eines Kirs gefragt „Avec crème de cassis, de mûre, de pêche?“ - Mit Johannisbeeren, Brombeere oder Pfirsich? Der Kir wird in den letzten Jahren sogar eher als eine Gruppenbezeichnung für Aperitifs mit Weißweinen und Fruchtlikör verwendet. 



Das Rezept ist einfach: 

1 Teil Crème de Cassis
9 Teile Weißwein - oder eben für den Kir Royal Champagner 

Viele Barmänner geben sogar, aufgrund der Süße des Crème de Cassis, nur einen knappen Barlöffel davon ins Glas. 

Zu einer Hüttnparty vor einigen Wochen habe ich einen „Bier Royal“ angeboten. Einen Barlöffel voll Crème de Cassis aufgegossen mit gut gekühltem dunklem Bier, serviert in einem Martiniglas. 

Cheers 



23. März 2018

1806 und der Dinosaurier unter den Cocktails - der Old Fashioned



1806 – Der Grundstein für den Pariser Arc de Triomphe wird gelegt, Johann Wolfgang von Goethe heiratet und veröffentlicht seinen Faust 1. Teil, im katholischen München darf die erste protestantische Kirchengemeinde errichtet werden, Hamburg wird von napoléonischen Truppen besetzt und der Cocktail wird geboren. 

Auf letzteres Ereignis möchten wir heute ein bisschen näher eingehen. Natürlich – Spirituosen mit Zucker, Wasser oder Bittern zu mischen, das war nichts neues im Jahr 1806 und wurde schon sehr viel früher praktiziert. Auch das Wort Cocktail wurde schon um das Jahr 1800 herum gebraucht und seine Herkunft lässt sehr viel Spielraum für Anekdoten und Geschichten. Von Drinks, die auf Hahnenkämpfen (Cock = Hahn, Tail = Schwanz) getrunken wurden ist hier die Rede, einem französischen Getränk namens coquetel und einem schottischen namens cock ale, die beide Namensgeber sein sollen, ebenso wie das französische Wort coqueter (= kokettieren) – sicher sind sich hierbei selbst Cocktailhistoriker nicht.

Doch die genaue Definition des Wortes, die wurde 1806 veröffentlicht, als Antwort auf eine Leserfrage in einer New Yorker Zeitung, womit der Begriff und somit der Cocktail seine Geburtsstunde erfuhr:

„Cocktail, then, is a stimulating liquor, composed of spirits of any kind, sugar, water, and bitters – it is vulgarly called a bittered sling, and is supposed to be an excellent electioneering potion inasmuch as it renders the heart stout and bold, at the same time that it fuddles the head. […] a person having swallowed a glass of it, is ready to swallow any thing else.“

„Ein Cocktail ist ein stimulierendes Getränk aus Spirituosen aller Art, Zucker, Wasser und Bitters, wird gemeinhin auch „Bittered Sling“ genannt und soll einen ausgezeichneten Wahlkampftrank darstellen, indem er beherzt und kühn macht und zugleich den Kopf benebelt.“

The Balance, and Columbian Repository, 13. Mai 1806

Wie bereits in der Geschichte des Singapore Sling beschrieben, war die Urform des Cocktail eine mit Bitters gewürzte Variante des Sling – also ein Getränk aus einer Spirituose, Wasser, Zucker und eines Bitters. Die gewählte Spirituose war dabei dem Geschmack jedes einzelnen überlassen.

Der Kreativität der Barkeeper waren keine Grenzen gesetzt und so entstanden schnell viele Abwandlungen mit vielen verschiedenen Spirituosen, Sirups und Bitters. Der Begriff Cocktail wurde zum Überbegriff für fast alle alkoholischen Mixgetränke und wurde bis Anfang des 20. Jahrhunderts eher morgens als abends getrunken.

Der Ur-Cocktail oder auch Dinosaurier aller Cocktails ist der Old Fashioned. Bis heute kommt sein Rezept der ursprünglichen Definition des Cocktails sehr nahe.

Er wird als Before Dinner Drink eingestuft, ist herb und bitter und der Whiskey als Hauptalkoholsorte spielt auch im Geschmack die absolute Hauptrolle und er ist trotz seines Zusatzes von Zucker keineswegs süß. Ich habe ihn in netter Begleitung in der Bent Bar in Heidelberg getrunken, wo er normalerweise in einer Variante mit Maple Sirup angeboten wird – doch auf einen guten Barkeeper ist immer Verlass und ich habe ihn in der Orginialform gemixt bekommen. 

Seine Geschichte ist leider sehr ungewiss. Ein Barkeeper des Pendennis Clubs in Louisville, Kentucky soll ihn 1881 zum ersten Mal für einen Bourbon Hersteller gemixt haben, der das Rezept dann in das Waldorf Astoria Hotel in New York mitgenommen haben soll. Doch einige Cocktailhistoriker vermuten das Entstehungsdatum des Old Fashioned wesentlich früher um 1860, denn bereits am 25. Juli 1880 wurde zu ersten Mal ein Cocktail des Namens Old Fashioned in der Chicago Daily Tribune erwähnt. Und mit Whiskey, Bitters, Wasser und Zucker entsprechen die Zutaten dem Rezepts das 76 Jahre zuvor als ursprünglicher Cocktail veröffentlicht wurde.



Sein heutiges Rezept nach der International Bartender Association ist das folgende: 

45 ml Bourbon or Rye whiskey
2 Spritzer Angostura Bitters
1 Zuckerwürfel
Ein paar Spritzer Wasser 

Den Zuckerwürfel in ein Old Fashioned Glas – oder auch Low Ball Glas geben, die Bitters und das Wasser hinzugeben und etwas verrühren, so dass der Zuckerwürfel sich komplett auflöst. Danach Eiswürfel hinzugeben und mit dem Whiskey auffüllen. Mit Orangenschale und einer Maraschino Kirsche garnieren.


Doch so beliebt der Old Fashioned bis in die 1960er Jahre auch gewesen sein mag, heute kennen und trinken ihn die wenigsten Cocktailliebhaber – zu beliebt sind die Sours, Coladas und Juleps.

Vielleicht hat dieser Post den einen oder anderen angeregt ihn doch noch einmal zu probieren, diesen Dinosaurier und damit in die Welt der Anfänge der Cocktails zurück zu kehren. Cheers :)