26. August 2016

Ein Hauch von Hemingway und kubanischer Sonne - der Daiquiri




Die Luft brennt heiß, weißer Sandstrand, hohe Palmen, staubige Straßen in Santiago de Cuba um das Jahr 1900, dunkle, mahagonigetäfelte Bars in der Nähe der Kupfermine und dem kleinen Städtchen Daiquiri, in denen duzende amerikanische Minenarbeiter ihren Arbeitstag mit einem Glas eiskaltem Rum beschließen.

Einer dieser Amerikaner, der in Kuba lebte, arbeitete und scheinbar einige Zeit mit Freunden und Kollegen in den oben beschriebenen Bars verbrachte, war der Bauingenieur Jennings Cox. Und einer dieser Drinks, die sie sich in den zahlreichen Bars – unter anderem der Bar im Hotel Venus - in der Nähe der Kupfermine und dem kleinen Städtchen Daiquiri mixen ließen, war wohl der folgende:







Ein Highball Glas voller Eiswürfel, weißer kubanischer Rum wird über die Eiswürfel gegeben wird, einen Teelöffel Zucker und den Saft einer Limette hinzufügen - erfrischend und eiskalt – der Daiquiri. Natürlich nach der Stadt und Kupfermine benannt.



Ein unglaublicher Drink – einfach und komplex zugleich, auf fast jeder Barkarte rund um den Globus beheimatet, in David A. Emburys „The Fine Art of Mixing Drinks“ als einer der 6 Basic Drinks aufgenommen, ein Cocktail, der über Jahrzehnte hinweg eine Rolle in unzähligen Filmen, Büchern und Liedern gespielt hat, ein Before und After Dinner Drink, ein Fancy Drink mit fruchtigem Aroma in seiner Frozen - Version und herb säuerlich als Rum Sour, in unzähligen Varianten mixbar. 






Gerüchten zufolge gab Cox seinen Mitarbeitern wohl desöfteren einen dieser Daiquiris aus, um sie zu motivieren. Dies brachte ihm einerseits den Ruhm seiner Firma ein, denn die Mitarbeiter schienen überaus motiviert, andererseits eine Gallone (rund 4 Liter) Bacardi Rum monatlich bis zum Ende seiner Tage.



Im Verlauf der Jahre bekam der Daiquiri ein neues „Kleid“- das Cocktailglas und wurde gleichzeitig im Shaker gemixt, nicht mehr gerührt und straight up serviert – also ohne Eiswürfel. Wie bei so vielen anderen Drinks gibt es auch hier andere Behauptungen – Legenden zufolge sollen bereits Seeleute im 18. Jahrhundert den Drink auf ihren Reisen gemixt haben – ohne Eis. Dies allerdings ohne ihm einen Namen zu geben und somit gilt Jennings Cox noch immer als der Erfinder dieses Drinks.






Doch nicht die bereits erwähnte Venus Bar machte den Daiquiri über die Jahre bekannt, sondern die El Floridita Bar in Alt Havanna, deren Barkeeper wohl auch die spätere Variante der Frozen Daiquiri erfanden. Ernest Hemingway bezeichnete sie als seine Lieblingsbar und auch Hollywoodgrößen wie Frank Sinatra, Errol Glenn, Gary Cooper und Marlene Dietrich gingen hier ein und aus. 



Die von Ernest Hemingway eigens kreierte Form des Daiquiris wird übrigens mit Grapefruitsaft und besonders viel Rum gemacht und ist immer noch auf der Karte der mittlerweile frisch renovierten und wohl völlig überteuerten Touristenbar El Floridita zu finden. 

Verlassen hat der Daiquiri Kuba im Jahr 1909, als der US Marine Arzt Admiral Lucius Johnson das Rezept mit nach Amerika nahm. Dort wurde er viele Jahre später der Lieblings- Before- Dinner Drink von John F. Kennedy.





Und nicht nur er genoss den Daiquiri in den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Der Daiquiri war beliebt wie kein anderer Drink, war doch dank Roosevelts guter Nachbarschaftspolitik Rum besser zu bekommen als Wodka oder Whiskey und die moderne Pan Amerika Politik der vierziger Jahre ließ Lateinamerika und seine Getränke modern erscheinen.



Heute ist der Daiquiri genauso berühmt wie damals, vor gut einem Jahr zum 113. Geburtstag Hemingways wurde der größte Daiquiri der Welt in Havannas El Floridita Bar gemixt, 275 Liter füllten das übergroße Cocktailglas und wurde später in 1466 kleine Gläser verteilt. Es gibt sogar einen National Daiquiri Day – dieser ist am 19. Juli und ich freue mich schon wieder darauf ihn zu feiern.

Cheers! 


19. August 2016

Wieder einmal- La dolce vita, Milano und der Veneziano Sprizz




Mailand, Turin, Venedig, die Sonnenstrahlen erwärmen die Luft, kleine weiße Wölkchen tummeln sich hier und da am babyblauen Himmel, überall ist das Geräusch von fahrenden Vespas zu hören, Touristen füllen die Straßencafes, wo Espresso, Cappuccino, Panini und das italienische Dolce Vita genossen werden. 

Der späte Nachmittag hat bereits begonnen und auch die Einheimischen kommen langsam aus ihren Büros und Ladengeschäften - auf dem Weg zum Aperitivo. Diesem relativ neuzeitlichen, aber doch recht wunderbaren Teil der italienischen Kultur, dem After Work Drink. Mit Musik, ein paar Antipasti, Knabbereien und einem Cocktail oder Sprizz. 







Dieser, der Sprizz, trat vor einigen Jahren seinen Siegeszug um die Welt an. Bei uns in Deutschland ist er beliebt wie kein zweiter. In jedem Jahr wird er vom ein oder anderen Getränkeexperten oder allwissenden Barmann für „endgültig tot“ (sprich nicht mehr fashionable) erklärt und wird spätestens bei der ersten Gartenparty in einer lauen Sommernacht oder gleichermaßen beim Public Viewing der WM, EM oder des Championsleague Finales auf der Terrasse der Lieblingsbar wieder aus dem „Szenegetränke - Grab“ geholt.

Seine Geschichte begann im 18. Jahrhundert als Österreichische Soldaten Venetien besetzen. Diese waren die starken und dichten Weine der Region nicht gewohnt und baten die Kellner beim Servieren diesen etwas Wasser zuzusetzen - die Weinschorle war geboren. Und die Österreicher nannten das Getränk „Gespritzter“, später entwickelte sich dieser Name dann zu Spritz. 

Zuerst bereitete man das Getränk wohl nur mit stillem Wasser zu - mit der Erfindung der Siphons, dem Sodabehälter, in Bars im 19. Jahrhundert kam das kohlensäurehaltige Wasser hinzu. Die Region Venetien war allerdings nicht nur für ihre guten Weine, sondern auch die Produktion ihrer Bitters bekannt. Aperol, Campari und Cynar wurden zur Weinschorle hinzugefügt, später kamen Oliven oder die obligatorische Zitronenscheibe hinzu. 



In venezianisch heißt er übrigens Spriz, Spriss oder Sprisseto, in Mailand ist er als bicicletta bekannt.  


Cincin!

12. August 2016

Die gesiebte Ananas, Piraten und if you like...Pina Colada



15. August 1954 Hotel Caribe Hilton, Beachcomber Bar, Puerto Rico: Hier soll an diesem Tag Cocktailgeschichte geschrieben worden sein. Einer der bekanntesten Cocktails weltweit wird zum ersten Mal gemixt: die Pina Colada (übersetzt gesiebte Ananas) – Kokoscreme, Ananassaft und Rum.

Die Pina Colada ist allerdings weit mehr als ein cremig, süßer Cocktail, der oft genau aus diesem Grund von Männern als Frauengetränk verpönt wird. Sie ist namensgebend und die Basis einer ganzen Untergruppe der klassischen Cocktails – der Coladas. Hierzu werden die drei Zutaten der Pina Colada – Kokoscreme, Rum und Ananassaft mit Sirups, Likören und anderen Spirituosen erweitert und eine weitere Colada entsteht – so beispielsweise der bereits beschriebene Swimming Pool, aber auch der ebenso von Charles Schumann erfundene Flying Kangaroo oder dem Italian Colada.





Meinungen von Kritikern gibt es diesmal allerdings auch. Die Kombination von Ananas und Kokosnuss mag zwar Urlaubsstimmung hervorrufen, doch dominiert sie auch den Rum. Für Cocktailliebhaber ein absoluter faux pas – die Hauptalkoholsorte sollte immer zu schmecken sein, ebenso wie ihre Qualität. Vielleicht erntet man deshalb ab und zu einen schiefen Blick vom Barkeeper des Vertrauens, wenn man sie bestellt.




Karibik pur im Glas sozusagen – Assoziationen nach Sommer, Sonne, Strand werden wach. Entspannte Nachmittage unter schattenspendenden Palmen. Der verträumte Blick auf kristallklares Wasser. Ein großer gelber Strohhut, eine Hängematte. Strandbars mit einem cocktailmixenden Barkeeper in knappen Shorts. Laue Sommernächte mit Merengue und Calipso im Ohr und dem cremig, süßen Geschmack einer Pina Colada auf den Lippen.

Doch wie so viele Cocktailgeschichten ist auch die des Caribe Hotels als Entstehungsort der Pina Colada umstritten.

Ebenso könnte die eines Piraten namens Roberto Cofresí Anfang des 19. Jahrhunderts wahr und er der stolze Erfinder dieses weltbekannten Drinks sein. Denn auch er mixte seinen Seeleuten ein Getränk aus Ananas, Kokosnuss und Rum - drei zu diesem Zeitpunkt bereits gängigen Zutaten in der Karibik. Doch sicherlich ohne Eis und Maraschino Kirsche als Garnierung.

Oder die Pina Colada wurde hier das erste Mal gemixt: 1963 in der Bar La Barrachina in San Juan, Puerto Rico. Immerhin hat diese Bar sogar eine Tafel am Gebäude installiert, die noch heute an diese „Erfindung“ des Barkeepers Ron Ramon Portas Mingot erinnert.


Erste Aufzeichnungen eines Drinks dieses Namens fand man bereits 1937 in der Middletown Times Herald – hier wurde die Pina Colada mit Kokosnuss und Ananas gemixt – allerdings wohl ohne Rum.
Die New York Times hingegen führt uns nach Kuba. In ihr wird ein Getränk mit Rum, Ananas und Kokosnuss bereits 1950 erwähnt:

„Mixgetränke der karibischen Inseln reichen von Martiniques berühmtem Rumpunsch bis zur kubanischen Piña Colada (brauner Rum, Ananasstücke und Kokosmilch). In Key West kennt man zahlreiche Limetten-Swizzles und Pünsche, und auf den Grenadinen werden Rum-Drinks mit Muskatnuss gewürzt.“ – New York Times: At the Bar, 16. April 1950



Kommen wir zu ihrer Zubereitung. Auch hier gibt es unzählige Varianten und viele Barkeeper greifen auf ein Rezept mit Sahne und Kokossirup zurück. Dies lässt sich besser verarbeiten als die ursprünglich in dem Rezept angegebene Kokoscreme.




In Deutschland wurde die Pina Colada in den 80er Jahren populär, als die Barkultur wieder auflebte und Charles Schumann, Chef der Münchner Bar Schumanns, eine Variante des Pina Colada erfand, den Swimming Pool – den wir ja bereits vor einigen Wochen kennengelernt haben. Schumann nimmt folgende Zutaten für seine Pina Colada: 6 cl weißen oder braunen Rum (oder je zur Hälfte weißen und braunen), 6 cl Ananassaft und je 2 cl Kokosnusscreme und süße Sahne.

Und auch heute ist sie beliebt, sicherlich nicht zuletzt aufgrund ihrer Gabe ihren sonnenhungrigen Verzehrer in die wohligwarme, entspannte Stimmung der letzten Urlaubsreise zu versetzen. Diese Gabe machten sich in den letzten Jahrzehnten auch Kosmetik- und Lebensmittelhersteller zu Nutze und verwendeten ihren Duft in Bodylotions, Badezusätzen und Pfeifentabak und ihren Geschmack in Eiskrems, jelly beans und Erfrischungsgetränken.  
  



1979 landete der Sänger und Komponist Rupert Holmes mit dem The Piña Colada-Song einen Hit und sang „If you like Piña Coladas“. Auch der amerikanische Country-Sänger Garth Brooks entschied sich für einen Song mit diesem Urlaubscocktail und hatte mit dem Titel Two Piña Coladas im Jahr 1998 ebenfalls einen Nr.-1-Hit in den USA.

Probiert die Pina Colada trotzdem – vielleicht einmal im Original mit Kokoscreme und nicht mit Sahne und lasst Euch von ihr entführen auf eine Karibikreise in türkisblaue Buchten und weißem Sandstrand. Cheers, auf den wohl beliebtesten Urlaubs - Cocktail schlechthin.