6. April 2018

Mai Tai Roa Ae - Nicht von dieser Welt




Der Mai Tai – erfrischend, fruchtig,  exotisch – schmeckt er nach Urlaub, warmen Sommernächten und Südsee. Unvergesslich als Klassiker im Original, ist er jedoch auch der am schlechtesten imitierte Drink aller Zeiten.

Beginnen wir mit seiner Geschichte:

„Anybody who says I didn’t create this drink is a dirty stinker“ (Der Mai Tai ist meine ureigene Erfindung. Jeder, der etwas anderes behauptet, ist ein gemeiner Lügner) diese Worte findet man in Trader Vics Bartender Guide von 1972 und zwischen den Zeilen kann man hier schon die Wirrungen der Entstehungsgeschichte des Mai Tai entdecken.

Beim Erzählen dieser fange ich dennoch ganz woanders an – beim Ende der Prohibition in den 1930er Jahren. Nach vielen abstinenten Jahren waren die Amerikaner 'ausgehungert' – nicht nur die leckeren Drinks und Cocktails hatten gefehlt, auch das Entertainment und Glamour, das Nachtclubs und Bars so mit sich brachten wurde zurückgesehnt. In dieser Zeit entstanden in den Vereinigten Staaten die Tiki Bars. Gestylt im Südseelook, gaben diese Bars das Gefühl von Sonne, Strand und purer Exotik.






Eine der ersten Tiki Bars eröffnete 1933 Donn Beach – der als Don the Beachcomber bekannt war - diese wurde in kürzester Zeit zu einem der beliebtesten Treffs für Hollywoodstars wie Charlie Chaplin und Howard Hughes. Auf der Barkarte standen - passend zum Interieur – natürlich die Tiki Drinks wie beispielsweise der Zombie – mit vielen exotischen Säften und Rum. Die Barkeeper lieferten sich erbitterte Wettkämpfe in neuen Kreationen fruchtig – süßer Cocktails und hüteten die Rezepte meist wie ein Staatsgeheimnis, sahen sie diese doch als ihr „Kapital“ an.

So auch das Rezept des Mai Tai. Und um dieses ranken sich wie um so viele andere berühmte Drinks viele Legenden:

Geschichte 1:
Kalifornien, Oakland, Restaurant Hinky Dink's, 1944: Victor Bergeron (besser bekannt als Trader Vic) bekam Besuch von einem befreundeten Paar aus Tahiti, Carrie und Eastham Guild, und kreierte für sie einen seiner berühmten Tiki Drinks. Er wollte, so erzählt er in seinem Bartender Guide von 1972 einen dieser klassischen Cocktails erschaffen – einen wie den Martini oder den Manhattan. Diese Klassiker haben meist wenige Zutaten, keine komplizierte Rezeptur und man kann die einzelnen Alkoholsorten meist geschmacklich nachvollziehen. So mixte er einen Drink mit 17 Jahre altem Jamaika Rum, einem Hauch Orangen- und Mandelsirup und einigen Minzblättern als Garnierung - erfrischend, einfach, klassisch. Trader Vics Freunde, die als erste diesen Drink testen durften, waren ebenso begeistert wie Millionen Fans nach ihnen - beim Genuss dieses Drinks soll Carrie Guild gesagt haben: Mai Tai Roa Ae - Nicht von dieser Welt – und so hatte er auch gleich seinen Namen.



Trader Vics Original Rezept:
6 cl 17-Jahre alten Wray & Nephew Rum
3 cl frisch gepresster Limettensaft
1,5 cl Curacao Red Orange
0,75 cl Orgeat (enthält Mandelextrakt und wurde früher von den Barkeepern selbst hergestellt) 
0,75 cl Kandiszuckersirup

In einem Cocktailshaker mit geschabtem Eis schütteln und eingießen ohne das Eis abzuseihen. Mit einem Minzzweig garnieren. Das Glas ist klassischerweise das doppelte Low Ball oder Old Fashioned Glas.

Geschichte 2:
Hollywood, 1933: Don the Beachcomber beanspruchte ebenfalls die Kreation des Mai Tais in einer seiner Tiki Bars nach folgendem Rezept:

6 cl Soda
3 cl frisch gepresster Limettensaft
3 cl Grapefruitsaft
3 cl Zuckersirup
3 cl dunkler Rum
3 cl goldener Rum
3 cl Cointreau oder Triple Sec
Ein Spitzer Falernum Sirup
Zwei Spritzer Angostura Bitter
Ein Spitzer Pernod

Alle Zutaten in einem Shaker mit Eis schütteln und in ein Highball Glas mit gecrushtem Eis füllen. Mit Früchten garnieren und mit Strohhalm servieren.



Geschichte 3:
Hawaii, Waikiki Beach, Hotel Royal Hawaiian, Mai Tai Bar, 1920er Jahre: Auch in dieser Bar soll der Mai Tai erfunden wurden sein, nach folgendem Rezept:

6 cl 17-year-old J. Wray Nephew Dark Jamaica Rum
1.5 cl Holland DeKuyper Orange Curaçao Red
2 cl Limettensaft
1 BL Kandissirup
1 BL French Garnier Orgeat





Poesievoll beschreibt Wayne Curtis den Mai Tai des Royal Hawaiian Hotels in seinem Buch „And a Bottle of Rum“. »Er kommt in einem Glas, in dem ein japanischer Kampffisch Platz finden würde, die Farbe ist intensiv, aber diskret, wie ein nebliger Sonnenuntergang. Am Glasrand steckt ein Ananaskeil über einem Minzzweig, so groß wie der ganze Busch, eine leuchtend rote Kirsche, eine purpurfarbene, schwimmende Orchidee und ein kleines, farbenfrohes Schirmchen. Das ganze Stillleben ist so üppig und wohl durchdacht und wie ein viktorianisches Treibhaus.«

Welcher dieser drei Drinks ist nun also der Original Mai Tai?

Natürlich kam es zu einem Streit über genau diese Frage, der im Laufe der Jahre immer hitziger wurde. Donn the Beachcomber kodierte sogar seine Flaschenlabels, so wussten noch nicht einmal seine Barkeeper, was sein Drink enthielt. Schlussendlich kam es zu einem Rechtsstreit, den Trader Vic allerdings durch eine außergerichtliche Einigung für sich entscheiden konnte. Forscher, die sich jahrzehntelang mit diesem Thema beschäftigten, kamen zu dem Schluss, dass Trader Vic den weltberühmten Mai Tai erfunden hatte, Don the Beachcomber nur einen Drink mit gleichem Namen. Trader Vics Mai Tai schmeckt allerdings ähnlich einem anderen von Don the Beachcomber kreierten Drink, dem Q.B. Cooler – er verwendet für den gleichen Geschmack allerdings ganz andere Zutaten.



Sowohl Trader Vic als auch Don the Beachcomber eröffneten Tiki Bars rund um den Erdball und stehen heute noch, viele Jahre nach ihrem Tod, für die Tiki Ära und ihre Drinks.




Die Geschichte des Mai Tais ging weiter: In Elvis Presleys Film Blue Hawaii im Jahr 1961 spielte er eine Rolle und 1972 bekam er eine etwas andere Rezeptur in Trader Vics Bartender Guide (die man noch heute problemlos nachmixen kann):

3 cl Martinique Rum
3 cl Jamaican Rum
3 cl frisch gepresster Limettensaft
1,5 cl Orgeat
1,5 cl Cointreau

Wie oben beschrieben im Cocktailshaker mit geschabtem Eis zubereiten und mit Minzblättern garnieren.

Warum nun die neue Rezeptur? Man beachte die ursprüngliche Rezeptur mit 17 Jahre alten Wray & Nephew. Natürlich gab es hiervon nur eine sehr begrenzte Menge. Diese kaufte Trader Vic weltweit auf, später griff er auf eine 15 Jahre alte Version zurück. Diese soll nach gut 50 Jahren ebenfalls versiegt sein. Heute wird ausschließlich die Rezeptur von 1972 verwendet.

Vor einigen Jahren tauchte plötzlich eine Flasche des ursprünglichen 17 Jahre alten Rums auf. Dieser wird als extrem aromatisch, etwas beißend, dunkel und intensiv, sirupartig und rauchig beschrieben, was mit den anderen Zutaten des Mai Tai wunderbar harmoniert. In der Bar des Merchant Hotels in Belfast wurden also einige letzte Original Mai Tais an wahre Fans verkauft – zum Preis von 750 £ pro Cocktail (umgerechnet 865 Euro). Der letzte Mai Tai ging an einen Arzt, der aus LA nur für die Verkostung dieses Drinks angereist war.

Wie bereits in zu Anfang erwähnt blieb es leider nicht bei diesen drei Originalrezepten. Barkeeper in allen Teilen der Welt sehen den Mai Tai als einen exotischen Cocktail an, in den man nur möglichst viele exotische Säfte mixen muss, um ihn dann mit vielen Schirmchen, Maraschinokirschen, Ananasstücken, Orangen- und Limettenschnitzen an Cocktailsticks in großen wuchtigen Cocktailgläsern zu servieren. Sogar Mai Tai Premixes kann man bereits in vielen Läden wie auch online erstehen. Wo bekommt man also noch einen echten Mai Tai – den mit dem Südseefeeling und dem leckeren Rumaroma?

In meinen Recherchen stieß ich immer wieder auf die noch heute existierende Mai Tai Bar des Royal Hawaiian Hotels in Waikiki – da ich mich leider gerade am anderen Ende der Welt im schönen München befinde – habe ich meinen Test – Mai Tai im Trader Vics im Bayrischen Hof genossen. Lecker! Ich war doch ziemlich begeistert – was nicht nur an meiner charmanten Begleitung lag, sondern wahrscheinlich auch daran, dass der Drink wohl noch immer (vielleicht mit einigen kleinen Abwandlungen) nach dem Originalrezept gemixt wird – den Rum und die Süße des Mandelsirups konnte man heraus schmecken und über die Ananas aus der Dose als Garnierung haben wir großzügig hinweg gesehen und gaben nur wenige Punkte Abzug.

Weitere Tipps zu Bars mit leckerem Mai Tai, könnt Ihr gerne in den unten stehenden Kommentaren loswerden.

Damit verabschiede ich mich, wünsche Euch eine exotische Cocktailsstunde mit Südseefeeling und ein schönes Wochenende.


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